Acht Minuten für Gespräche


"Eine gute Beziehung zwischen Behandler und Patient ist für den Therapieerfolg entscheidend", sagt Dr. Ralf Reiche. "Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Kommunikation zwischen Arzt und Patient zu", erläutert der Arzt und Gesundheitswissenschaftler, der an der Universität Bonn zum Arzt-Patienten-Verhältnis forscht. Doch für Gespräche bleibt nicht viel Zeit: Nach Zahlen der Barmer GEK sieht ein Kassenarzt im Schnitt 45 Patieten pro Werktag, mit jedem spricht er etwa 8 Minuten - einschließlich Diagnose und Therapie.
"Neue Abrechnungsarten verstärken den Trend zur Fließbandmedizin", bedauert Reiche, "denn seit etwa fünf Jahren bekommen Kliniken nur einen Pauschalbetrag pro fall, unabhängig wie lange die Behandlung dauert." Unter dem steigenden Zeit- und Kostendruck leiden Patienten und Ärzte gleichermaßen.
Schon in der Medizinerausbildung wird bisher zu wenig Wert auf kommunikative Fähigkeiten gelegt. "Aus Untersuchungen wissen wir, dass Studenten, die am Anfang ihres Studiums noch Einfühlungsvermögen zeigen, am Ende weniger auf Patienten eingehen", so Reiche. "Dabei kann gute Kommunikation mit dem Patienten sogar Zeit sparen", sagt der Gesundheitswissenschaftler. deshalb gibt es beispielsweise an seiner Universität Pflichtseminare "Gesprächsführung" für Medizinstudenten und Fortbildungen für Ärzte. Oft muss der Arzt Dinge wissen, die Patienten nicht einmal einem guten Freund oder einer guten Freundin anvertrauen würden. "Äußert wichtig ist auch das Vertrauen darauf, dass der Arzt wirklich nur im sinne des Patienten handelt", betont Gesundheitswissenschaftler Ralf Reiche. es besteht die Gefahr, dass die gesundheitspolitische Debatte um Geld dieses Vertrauen zerstört - etwa wenn Patienten meinen, es gehe ja meist eher um das Wohl der Klinik oder Ärzte würden in erster Linie auf ihr Portemonnaie schielen.
Für eine gute Therapie muß der Patient verstehen, warum er beispielsweise ein bestimmtes Medikament regelmäßig nehmen muss. Dann wird er besser kooperieren und bessere Behandlungsergebnisse erzielen. "Deswegen sollten sich die Patienten unbedingt trauen, nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstehen", sagt Dr. Renate Schmalfuß, Hausärztin aus Friedland bei Göttingen, " und auf jeden Fall ehrlich zugeben, wenn sie verordnete Medikamente nicht eingenommen oder die Lebensstilveränderungen nicht geschafft haben." So können sie gemeinsam mit dem Arzt nach Lösungen suchen.
"Sehr wichtig ist auch, dass sich Patienten für ihre Gesundheit interessieren, sich informieren und Verantwortung für ihren Körper übernehmen", betont die Allgemeinmedizinerin. Viele bezögen ihre medizinischen Informationen aus dem Internet. Angesichts der Vielfalt an seriösen und unseriösen Angeboten sei es klug, den Arzt in die Überlegungen einzubeziehen, denn er könne aufgrund seiner Erfahrungen Symptome und Therapien besser bewerten. " Wenn der Patient im Internet etwas über ein neues Mittel oder alternative Verfahren gelesen hat, muss er mir auch zugestehen, dass ich mich darüber eventuell selbst erst informieren muss", sagt die Hausärztin.

Gut vorbereitet zum Arzt

Gegen den Zeitmangel können Ärzte und Patienten übrigens auch selbst etwas tun mehr...


Zusammenfassung

Hier in der Zusammenfassung eine Gegenüberstellung was sich der Patient wünscht und was mehr...


April 2012 - Idealer Arzt - idealer Patient

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Dieser Artikel erschien in der Aprilausgabe zum 1. April 2010 in der Apotheken-Umschau, und durfte mit freundlicher Genehmigung des Wort & Bild Verlages veröffentlicht werden. (Autorin: Annemarie Schwarz)