Ärztliche Pflichten und Wartezeiten

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  • § Muss ein Arzt jeden Patienten aufnehmen und behandeln?
    Als Vertragsarzt grundsätzlich ja. Denn mit der Zulassung verpflichtet sich der Arzt, an der kassenärztlichen Versorgung mitzuwirken. Andererseits gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit; das heißt, der Arzt kann nicht in jedem Einzelfall gezwungen werden, einen Patienten aufzunehmen. Er kann in begründeten Fällen eine Behandlung ablehnen - zum Beispiel, wenn die Praxis überlastet oder das Vertrauensverhältnis zum Patienten gestört ist, wenn der Patient seine Versicherungskarte nicht vorlegt oder die Praxisgebühr nicht bezahlt. In Notfällen und im Bereitschaftsdienst darf der Arzt allerdings keinen Patienten abweisen. Für Privatärzte gilt außer in Notfällen keine Behandlungspflicht.
  • § Darf sich umgekehrt der Patient seinen Arzt selbst aussuchen?
    Ja. Der Patient hat das Recht auf freie Arztwahl. Das gilt für den Hausarzt ebenso wie für Fachärzte. Die gesetzlichen Krankenkasse bezahlt aber (Notfälle ausgenommen) nur die Behandlung durch Vertragsärzte.
  • § Darf ein Patient in einem Quartal mit demselben Problem mehrere Ärzte derselben Fachrichtung "auf Chipkarte" aufsuchen?
    Es gibt hier kein grundsätzliches Verbot. Allerdings sollte der Arzt innerhalb desselben Quartals laut Sozialgesetzbuch nur "bei Vorliegen eines wichtigen Grunds" gewechselt werden. Ein solcher Grund kann ein gestörtes Vertrauensverhältnis sein, bei schwierigen Behandlungen aber auch der Wunsch nach einer zweiten Meinung.
  • § Wie lange darf der Arzt einen Behandlungstermin hinausschieben?
    Eine klare Frist ist nicht vorgeschrieben. Die Behandlung darf im Prinzip so lange verschoben werden, wie dies medizinisch vertretbar ist. Bei einer eventuell schweren Krankheit muss der Arzt jedoch einen baldigen Termin vergeben. Ist das nicht möglich, muss er den Patienten an einen Kollegen verweisen. Wer eine willkürliche Verzögerung vermutet, sollte sich an die Krankenkasse wenden.
  • § Hat es Konsequenzen, wenn der Patient einen Termin nicht einhält?
    Meistens nicht. Wenn der Arzt wegen einer geplanten längeren Behandlung keinen anderen Patienten vorziehen kann oder der Psychtherapeut eine Stunde "Leerlauf" hat, kann er aber prinzipiell in gewissen Rahmen Schadenersatz fordern.
  • § Wie lange darf der Arzt Patienten im Wartezimmer sitzen lassen?
    Auch hier gibt es keine eindeutige Frist, es sei denn, der Arzt hat eine vertragliche Vereinbarung mit der Krankenkasse. Eine halbstündige Wartezeit muss der Patient im Allgemeinen hinnehmen, regelmäßiges stundenlanges Schmoren jedoch nicht. Kommt dies häufiger vor und lässt sich ein zugrunde liegender Organisationsfehler beweisen, kann der Patient sogar Schadenersatz geltend machen, zum Beispiel wegen Arbeitsausfall.
  • § Darf der Arzt einen Termin in das nächste Quartal verschieben, weil die Behandlung ihm angeblich finanziell nichts mehr einbringt?
    Aus rein finanziellen Gründen darf der Arzt keine Termine verschieben. Den Ärger darüber, dass er dadurch weniger verdient, darf er nicht auf dem Rücken der Patienten austragen. Allerdings kann er formale Gründe vorschieben, zum Beispiel eine vorübergehende Schließung aus anderen Gründen oder ein Hinweis, dass sämtliche Termine im laufenden Quartal bereits vergeben sind.
Dieser Artikel erschien in der Septemberausgabe zum 1. September 2009 in der Apotheken-Umschau, und durfte mit freundlicher Genehmigung des Wort & Bild Verlages veröffentlicht werden.